Die Statistiken sind bekannt. Achtzig Prozent der Kosten eines Produkts werden in der Designphase festgelegt. Dazu kommt, dass sich auch 80 % der Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt in der Designphase ergeben. Wie können Konstrukteur*innen die Nachhaltigkeit ihres Produktdesigns kosteneffektiv verbessern?
Eine nachhaltige Fertigung gehört zur Zielsetzung der meisten Unternehmen. Die Aufgabe vieler Konstruktionsteams besteht also darin, die Kohlenstoffbilanz der Produkte des Unternehmens zu reduzieren. Diese herausfordernde Aufgabe wird dadurch erschwert, dass viele Konstrukteur*innen gar nicht wissen, wo sie damit anfangen sollen. Wie kann ein „Design for Sustainability“-Ansatz Ihrem Unternehmen helfen? Wie können Sie als Konstrukteur*innen Ihr Potenzial in diesem Bereich am besten herausstellen und dann die Entwicklung hin zu einem nachhaltigeren Produktdesign unterstützen?
In diesem Artikel erklären wir, was Design for Sustainability (DFS) ist und wie Fertigungsunternehmen von diesem Ansatz profitieren können. Wir erläutern zudem die drei wesentlichen Grundlagen für Design for Sustainability und werfen einen Blick auf bewährte Vorgehensweisen bei der Implementierung.
Was ist „Design for Sustainability“ (DFS)?
Design for Sustainability ist ein Ansatz, der eine Reihe von Methoden zur Reduzierung der während des Produktionsprozesses und der Lebensdauer eines Produkts genutzten Ressourcen umfasst. Von den Rohmaterialien bis hin zum Fertigungsprozess – bei Design for Sustainability geht es darum, die Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt zu reduzieren. Das Gleiche gilt für die Produktlebensdauer, einschließlich der Entsorgung. Derzeit wird dem CO2-Fußabdruck eines Produkts, der sich aus den im Laufe der Produktlebensdauer ausgestoßenen Treibhausgasen ergibt, die größte Bedeutung zugemessen.
Mithilfe der Manufacturing Insights Platform von aPriori lässt sich die Kohlenstoffbilanz der Fertigung eines Produkts schneller und einfacher messen, reduzieren und analysieren. Eine schnelle, geometriegesteuerten Analyse von 3D-CAD-Daten liefert eine Beurteilung des CO2-Fußabdrucks. Dadurch werden Umwelt- und Kostendaten auf granulare, nachvollziehbare und transparente Berechnungen herunter gebrochen. Mit dieser umfassenden und individuell konfigurierbaren Beurteilung können Fertigungsunternehmen Nachhaltigkeitsinitiativen verbessern, ohne Abstriche bei ihren Gewinnen in Kauf nehmen zu müssen.
Falsche Erwartungen an Design for Sustainability und die tatsächlichen Vorteile
Initiativen für nachhaltiges Produktdesign können für Fertigungsunternehmen sehr wirksam sein. Laut dem Capgemini Research Institute gibt es verschiedene bemerkenswerte Vorteile. So erzielten beispielsweise 73 % aller Unternehmen eine Umsatzsteigerung, 70 % verzeichneten eine höhere Kundenzufriedenheit und 67 % konnten ihre Kohlenstoffemissionen reduzieren.
Trotz der positiven Auswirkungen von Nachhaltigkeitsinitiativen haben viele Fertigungsunternehmen die wichtige Rolle des Produktdesigns in diesem Zusammenhang noch nicht vollständig erkannt. Dieselbe Befragung ergab, dass nur 26 % der Unternehmen im Rahmen des Produktdesignprozesses eine regelmäßige Bewertung der Umweltauswirkungen durchführen. Viele lassen sich von der Fehlannahme leiten, dass Nachhaltigkeitsinitiativen zu kostenintensiv seien. Doch nachhaltiges Produktdesign zieht nicht unbedingt höhere Kosten nach sich. Im Gegenteil: Die Befragung von Capgemini ergab, dass 37 % im Zuge von Initiativen zu nachhaltigem Produktdesign keinerlei Kostenerhöhungen verzeichneten.
Kosten sind nicht der einzige Grund für Zurückhaltung bei nachhaltigem Produktdesign. Andere befragte Unternehmen führten einen Mangel an nachhaltigen Materialien (55 %), einen Mangel an entsprechend qualifizierten Fachkräften für Nachhaltigkeitsinitiativen (48 %) sowie fehlende Technologien für die Umsetzung dieser Initiativen (42 %) als Gründe an.
aPriori Infografik Nachhaltigkeit
Welche drei Grundlagen sind unverzichtbar für Design for Sustainability? Was sollten Konstrukteur*innen berücksichtigen, um die Produktnachhaltigkeit zu verbessern?
Die Produktentwicklung mithilfe von Design for Sustainability birgt ein riesiges Potenzial. Entscheidend sind die Kompetenz der Konstrukteur*innen, eine Fertigungskultur, die Nachhaltigkeitsinitiativen unterstützt, sowie eine Manufacturing Insights Platform, die nicht nur Nachhaltigkeit, sondern auch Herstellbarkeit und Kosteneinsparungen optimiert. Hier sind drei wesentliche Grundlagen für Design for Sustainability:
- Leichtbau: Eine Reduzierung des verwendeten Materials bedeutet fast immer eine Senkung der CO2-Emissionen. Dementsprechend hat dieser Ansatz auch die größte Auswirkung auf die Nutzungsphase, die den größten Anteil des CO2-Fußabdrucks eines Produkts ausmacht. Das ist der Punkt, an dem nachhaltige Modellierung ins Spiel kommt. Mit aPriori lassen sich die Baseline der Umweltauswirkungen eines Produkts für die Berichterstattung bestimmen sowie CO2-Ausreißer identifizieren. Weiterhin können mit einem solchen Tool die Teile in Bezug auf Kosten und CO2-Äquivalente optimiert und gleichzeitig Herstellbarkeit gewährleistet werden. Verschiedene Branchen setzen auf Leichtbau, um ihre Kohlenstoffbilanz und ihren Energieverbrauch zu reduzieren. So verlagert die Automobilindustrie beispielsweise ihren Fokus auf Leichtbau für Elektrofahrzeuge. Faserverstärkte Plastikpolymere können als Strukturbauteile in und um Bereiche mit hoher Wärmebelastung verwendet werden, wie zum Beispiel Akku und Motor. So wird das Elektrofahrzeug leichter, verbraucht weniger Energie und ist leistungsstärker.
- Design für eine effiziente Fertigung: Mit dem „Design for Manufacturability“-Ansatz wird der gewählte Prozess so effizient wie möglich. Doch vielleicht kommt auch ein alternativer Prozess in Betracht, der einen geringeren CO2-Ausstoß mit sich bringt. Vergleichen Sie die Umweltauswirkungen von Zulieferern auf der Grundlage ihres geografischen Standorts, um die Kohlenstoffbilanz zu verringern. Reduzieren Sie Materialabfall, der sich aus dem Prozess ergibt. Und analysieren Sie schließlich auch die Treibhausgasemissionen des Materials. All das trägt maßgeblich dazu bei, Produkte nachhaltiger zu machen und die Ressourceneffizienz zu erhöhen. Technologien wie aPriori ermöglichen ein nachhaltiges Produktdesign, das effizienter und kostenwirksamer ist. In einigen Fällen konnte aPriori Kunden helfen, die prognostizierte CO2-Einsparung mit den „Design for Sustainability“-Einblicken um das 3- bis 5-Fache zu übertreffen.
- Design for End-of-Life: Das Produkt sollte so hergestellt werden, dass es wiederverwendbar, gebrauchstauglich und recyclingfähig ist. Wählen Sie Materialien, die einfach recycelt werden können. Oder noch besser: Verwenden Sie bei der Fertigung des Produkts gleich recycelte Materialien. Alle Metalle lassen sich recyceln, aber nicht alle Kunststoffe. Nutzen Sie Verbindungselemente statt Klebstoffe. Diese lassen sich leichter zerlegen, sodass alle Elemente wiederaufbereitet, recycelt oder sogar wiederverwendet werden können. Die meisten Konstrukteur*innen denken in der Regel nicht über das Ende des Produktlebenszyklus nach. Und wenn sie es tun, geht es möglicherweise eher darum, die Lebensdauer verkürzen, um Nachkäufe zu generieren oder eine geplante Obsoleszenz umzusetzen. Es ist jedoch ein sinn- und wirkungsvoller Schritt auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. Ein Beispiel: Warum sollte ein Smartphone entsorgt werden, wenn der Akku nicht mehr ausreichend lädt, wenn man doch den Akku austauschbar und recyclingfähig machen kann? Fairphone setzt auf Ökodesign in Form von modularen Smartphones. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, die Kohlenstoffbilanz eines Smartphones zu reduzieren und seinen Lebenszyklus bestmöglich zu verlängern. Zu diesem Zweck ist die Hardware robuster und langlebiger. Um die Funktionalität des Smartphones zu erhalten, werden regelmäßig Software-Updates zur Verfügung gestellt. Das Unternehmen stellt außerdem Tutorials für mögliche Reparaturen bereit.
Best-Practice-Beispiele für die Umsetzung eines „Design for Sustainability“-Ansatzes
Nachdem Sie jetzt die wesentlichen Grundlagen für Design for Sustainability kennen, ist es ebenso wichtig, eine entsprechende Kultur zu etablieren. Die Schaffung dieser Kultur ist üblicherweise nicht Aufgabe der Konstruktionsteams. Dennoch unterstreichen ihr Fachwissen und die Tatsache, dass sie den ersten entscheidenden Schritt in der Entwicklung nachhaltiger Produkte gehen, ihre Bedeutung bei der Unterstützung dieser Initiativen.
Mit den folgenden Maßnahmen können Sie Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen auf ein solides Fundament stellen:
1. Förderung und Unterstützung einer unternehmensweiten Kultur der Nachhaltigkeit
- Definieren Sie nachhaltige Werte und Zielsetzungen für das Produktdesign.
- Schaffen Sie Benchmarks, damit das Produktdesign Ziele erreichen kann.
- Implementieren Sie einen datengesteuerten Ansatz, um Hindernisse zu identifizieren und Fortschritt zu messen.
- Integrieren Sie Technologie, um nachhaltige Maßnahmen zu unterstützen; insbesondere Tools, die auch Alternativen liefern und analysieren, um Kosten, Probleme in der Lieferkette und mehr zu minimieren.
- Bilden Sie Mitarbeitende weiter, um Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
2. Förderung von nachhaltiger Zusammenarbeit auch außerhalb des Unternehmens
- Arbeiten Sie mit Zulieferern und anderen Partnerunternehmen zusammen und nutzen Sie gegenseitig Ihre Fähigkeiten, um Ihre Wirksamkeit in Sachen Nachhaltigkeit zu maximieren.
- Finden Sie mehr regionale Zulieferer, Partnerunternehmen und Anlagen, um die Lieferkette nachhaltiger zu machen.
- Ein Manufacturing Insights Tool wie das von aPriori kann helfen, die Zusammenarbeit und Kommunikation in allen Kanälen zu verbessern, und entscheidende Informationen zur Beurteilung des Produktlebenszyklus liefern.
3. Nachhaltigkeit langfristig denken
- Konzentrieren Sie sich auf die langfristigen Ergebnisse, nicht nur auf die kurzfristigen Vorteile von Nachhaltigkeitsinvestitionen. Ein gutes Beispiel ist ein Unternehmen, das Aluminiumprodukte herstellt und recycelt. Der „Design for Sustainability“-Ansatz verdeutlicht die Vorteile, die die Verwendung dieser recycelten Materialien mit sich bringt. Gleichzeitig wird deutlich, dass recycelte Materialien zwar im Vorfeld mehr kosten, aber enorme CO2-Einsparungen erzielen.
- Verstärken Sie Ihre Kommunikation zu Ihrer Mission und Ihren Maßnahmen in Sachen Nachhaltigkeit an Ihre Kundschaft, Partnerunternehmen, potenzielle Kundschaft und Stakeholder.
- Unterstützen Sie Zirkularität oder eine Kreislaufwirtschaft, die den Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigt und sich zudem auf Recyclingfähigkeit und Wiederverwendbarkeit konzentriert. aPriori arbeitet beispielsweise mit einem führenden Tier-1-Automobilzulieferer zusammen. Dieser Zulieferer zieht Circular Design in Betracht und analysiert, ob die bei der Produktentwicklung verwendeten Materialien am Ende des Produktlebenszyklus recycelt werden können. Design for Sustainability unterstützt diesen Prozess. In einer von Deloitte im März 2021 durchgeführten Studie wurden Verbraucherinnen und Verbraucher aufgefordert, die Top Fünf der umweltschonenden oder ethischen Praktiken zu priorisieren, mit folgendem Ergebnis:
- Produktion nachhaltiger Verpackungen und Produkte
- Reduzierung von Abfall beim Fertigungsprozess
- Verpflichtung zu ethischen Arbeitspraktiken
- Reduzierung der CO2-Bilanz
- Wahrung der Menschenrechte
Konstrukteur*innen können Nachhaltigkeitsinitiativen voranbringen, indem sie ins Bewusstsein rücken, wie Design Veränderungen bewirken kann. Die oben ausgeführten wesentlichen Grundlagen und Praktiken sind ein Schritt in die richtige Richtung.
Nachhaltige Designprinzipien verbessern die ökologische Performance
Die Statistiken lügen nicht. McKinsey stellte fest, dass Verbraucherinnen und Verbraucher Wert auf nachhaltig beschaffte und hergestellte Produkte legen. Noch beeindruckender ist, dass eben diese Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem 2,7-fach schnelleren Wachstum von nachhaltigen Produkten im Vergleich zu traditionellen Gütern beigetragen haben – obwohl nachhaltige Produkte in der Regel höherpreisig sind als konventionelle Produkte.
Entscheidend ist, dass Fertigungsunternehmen durch nachhaltigere Geschäftsmodelle und Designstrategien Verantwortungsbewusstsein für unser Ökosystem in die Praxis umsetzen. Jetzt ist es an der Zeit, in Ihrem Unternehmen Veränderung zu bewirken. Setzen Sie sich in der Produktentwicklung für den „Design for Sustainability“-Ansatz ein, um Ihren Beitrag zu einer besseren Welt zu leisten– heute und für zukünftige Generationen.